Wettbewerbsverbot

Zur Wirk­samkeit nach­vertrag­licher Wett­bewerbs­verbote für Beschäftigte

1. Problemdarstellung
Regelmäßig sind Geschäftsführer-Anstellungsverträgen Wettbewerbsverbote anzutreffen. Ein Wettbewerbsverbot untersagt es dem Verpflichteten in gewissen Grenzen, von seiner grundgesetzlich garantierten Berufsfreiheit gem. Art. 12 Abs. 1 GG Gebrauch zu machen. Sie gelten daher gemeinhin als „scharfes Schwert“ und sind in Ihrer konkreten Ausgestaltung, um wirksam zu sein, überaus komplex. Häufig Urteilen daher die Gerichte, dass solche Wettbewerbsverbote unwirksam sind. Nachfolgend dargestellt werden soll zunächst die Konstellation des klassischen, umfassenden nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes an den ausgeschiedenen Beschäftigten.

2. Die gesetzliche Konzeption
Besonders problematisch sind stets solche Wettbewerbsverbote, die nach Ende der Tätigkeit des Betroffenen ihm eine Konkurrenztätigkeit verbieten. Das Gesetz geht in § 74 Abs. 1 Handelsgesetzbuch (HGB) offensichtlich davon aus, dass solche Verbote grundsätzlich möglich sind, wenn es heißt: „Eine Vereinbarung zwischen dem Prinzipal und dem Handlungsgehilfen, die den Gehilfen für die Zeit nach Beendigung des Dienstverhältnisses in seiner gewerblichen Tätigkeit beschränkt (Wettbewerbsverbot), bedarf der Schriftform und der Aushändigung einer vom Prinzipal unterzeichneten, die vereinbarten Bestimmungen enthaltenden Urkunde an den Gehilfen.“

Das Gesetz sieht hier bereits für den kodifizierten Standardfall in § 74 Abs. 2 HGB vor, dass für die Dauer eines solchen Wettbewerbsverbotes eine sog. Karenzentschädigung zu bezahlen ist. Unter einer Karenzentschädigung versteht man Zahlungen der Gesellschaft an den durch das Wettbewerbsverbot Verpflichteten als Entschädigung dafür, dass der Betroffene in seiner Berufsfreiheit gem. Art. 12 Abs. 1 GG eingeschränkt ist. Sie ist damit kein Arbeitsentgelt und damit weder lohnsteuer- noch sozialabgabenpflichtig. Auch ist sie im Rahmen der Gewährung von Arbeitslosengeld nach Ausscheiden weder zu berücksichtigen, noch anzurechnen. Sie stellt eine bloße Kompensation für erlebte Rechtseinbuße dar.

3. Die konkrete Wirksamkeit
Es stellt sich aber hiervon losgelöst auch die Frage, in welchen Grenzen eine solche Vereinbarung eines Wettbewerbsverbotes überhaupt zulässig ist. Der Bundesgerichtshof (BGH) postuliert hier in seinen Urteilen vom 29.09.2003, Az. II ZR 59/02 und vom 14.07.1997, Az. II ZR 238/96, grundlegend, aber eher pauschal, dass das Wettbewerbsverbot „räumlich, zeitlich und sachlich“ verhältnismäßig sein muss, um nicht gem. § 138 Abs. 1 BGB i. V. m. Art. 12 Abs. 1 GG wegen sittenwidrigen Verstoßes gegen die Berufsfreiheit unwirksam, genauer: nichtig zu sein. Es folgt hieraus, dass das Wettbewerbsverbot auf den räumlichen Geschäftsbetrieb des Berechtigten, zeitlich auf angemessenen Rahmen (in der Regel nicht länger als zwei Jahre) und sachlich auf den konkreten Geschäftszweig beschränkt sein muss. Weithin ist die jeweilige Bestimmung im Licht des konkreten Einzelfalls auszulegen. Ist eine Wettbewerbsverbotsbestimmung nichtig, ist, auch wenn die Nichtigkeit nur einen kleinen Teil betrifft, das gesamte Wettbewerbsverbot hinfällig. Der eigentlich in die Pflicht zu nehmen gedachte kann nach freiem Willen unbegrenzt wettbewerben.

Wiederholt hat die Gerichte daher die Frage beschäftigt, wie konkret diese sachliche Beschränkung mindestens sein muss: darf dem Verpflichteten (1) jede Tätigkeit für ein Konkurrenzunternehmen versagt werden, oder bedarf es hier der Einschränkung auf mindestens potenzielle Wettbewerbsbeeinflussung? Und weiter, wie verhält es sich (2) bei Beteiligungen an Konkurrenzunternehmen?

(1) Richtungsweisend hat das Oberlandesgericht (OLG) München in seinem Hinweisbeschluss vom 02.08.2018, Az. 7 U 2107/18, in Konkretisierung des Ansatzes des OLG Hamm aus dem Urteil vom 14.07.2014, Az. 8 U 131/12, für Recht erkannt, dass das Wettbewerbsverbot solche Tätigkeiten, welche zwar das Konkurrenzunternehmen als solches zu fördern vermögen, aber keine konkrete Konkurrenzwirkung entfalten können, ausnehmen müsse. Es stellte hier in Betreff des Wettbewerbsverbotes an einen Vertriebsvorstand folgendes Beispiel dar: wird jede Art von Tätigkeit für ein Konkurrenzunternehmen verboten, umfasste dies nicht zuletzt etwa auch eine Anstellung als Hausmeister. Wenn auch eine solche Anstellung das Konkurrenzunternehmen als solches zu Unterhalten und Fördern vermag, sei hier kein nachvollziehbarer Bezug zur vormaligen Tätigkeit als Vertriebsvorstand erkennbar. Das Verbot sei daher sachlich nicht mehr zu rechtfertigen. Es verstoße daher in sittenwidriger Weise gegen Art. 12 Abs. 1 GG und sei gem. § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Wichtig für die Praxis ist vor allem: ein nichtiges Wettbewerbsverbot ist insgesamt nichtig, greift also auch nicht „soweit“ es zulässig vereinbart werden hätte können, denn die Rechtsprechung verneint die Zulässigkeit einer solchen geltungserhaltenden Reduktion.

(2) Auch betreffend eine Beteiligung als Gesellschafter an Konkurrenzunternehmen gilt es Vorsorge zu treffen: erfasst das Wettbewerbsverbot auch Beteiligungen an Konkurrenzunternehmen als Gesellschafter, kann dies regelmäßig nur dann wirksam vereinbart werden, wenn die jeweils betroffene Beteiligung eine beherrschende, mindestens aber eine mitbestimmende ist, vgl. statt vieler BGH Urteil v. 05.12.1983, Az. II ZR 242/82. Beteiligt sich der Gesellschafter aber lediglich vermögensmäßig, sind seine konkreten, aus allein eigenem Antrieb realisierbaren Handlungsoptionen etwa bei der GmbH auf die Auskunfts- und Einsichtsrechte gem. § 51a GmbH-Gesetz beschränkt; eine operative Beeinflussung des Tagesgeschäfts ist ausgeschlossen. Dasselbe gilt für den Fall, dass sich der Wettbewerbsverbotsverpflichtete als Kapitalanlage, etwa über einen Fonds, an einem Konkurrenzunternehmen beteiligt, ohne dass eine operative Tätigkeit denkbar ist. Ist eine wettbewerbsbeeinflussende Gestaltungsmacht ausgeschlossen, ist der aus dem Wettbewerbsverbot berechtigte nicht schutzwürdig. Das Wettbewerbsverbot ist nichtig.

4. Zusammenfassung und Ausblick
Es ist festzuhalten, dass über nachvertraglichen Wettbewerbsverboten aufgrund der schwerwiegenden Beschränkung von Grundrechten stets das Damoklesschwert des Unwirksamkeitsverdikts schwebt. Trotzdem sind solche Wettbewerbsverbote, insbesondere bei familiengeführten und regionalen Unternehmen, offensichtlich erforderlich und deshalb bereits nach der gesetzlichen Konzeption des nachvertraglichen tatsächlichen Verhältnisses zwischen den Beteiligten zulässig. Um die Interessen aller Beteiligten, mithin des Verpflichteten an der Karenzentschädigung und des Berechtigten an dem Ausbleiben von Wettbewerb, zu schützen, sind solche Verbotsklauseln dringend vorab fachkundig zu überprüfen. Der kompetente Rechtsanwalt vermag es, wirksame Bestimmungen zu entwerfen und hierfür für die Zukunft auch zu garantieren. Gerne unterstützen wir Sie hierbei mit unserer umfassenden Erfahrung und speziellen Kompetenz.

In dem nächsten Beitrag dieses Blogs werden satzungsvertragliche Wettbewerbsverbote in der GmbH, mithin solche, welche sich an die Gesellschafter richten und deren Wettbewerbsfreiheiten zu beschränken suchen, aufgegriffen werden.